In einer zunehmend digitalisierten und schnelllebigen Welt ist Geschwindigkeit Trumpf. Dies gilt sowohl für alltägliche als auch für industrielle Anwendungen, seien es drahtlose Übertragungssysteme, Sensoren oder auch Radarapplikationen.
Ein wichtiger Baustein für diese Hochfrequenzanwendungen sind qualitativ hochwertige und zuverlässige Leiterplatten. Doch was konkret sind die Erfolgsfaktoren für Hochfrequenz-Leiterplatten und worauf gilt es beim Planen und Produzieren zu achten? Experten der KSG Group geben darauf Antworten.
Herr Hackl, was ist unter Hochfrequenz zu verstehen und welche Rolle spielt dabei die Leiterplatte?
Die Grenze zwischen Nieder- und Hochfrequenz wird bei 10 MHz angenommen, da ab hier die typischen thermischen Wirkungen hochfrequenter Felder in Erscheinung treten. Im elektromagnetischen Spektrum reicht der Hochfrequenzbereich bis circa 300 GHz. Der typische Hochfrequenzbereich auf der Leiterplatte liegt zwischen 10 und 100 GHz.
Die Leiterplatte agiert hier als Übertragungselement mit bewusst getrimmten Leiterbahnen für die Übertragung von Hochfrequenzsignalen. Die gewünschte Impedanz solcher Leitungen ist hauptsächlich abhängig von der Leiterbahnbreite und den definierten Abständen zu den Plane-Bezugslagen. Zu den geätzten Hochfrequenz-Bauelementen auf der Leiterplatte gehören beispielsweise Fingerkoppler, Filter, l/4-Elemente, Patch-Antennen oder Ringresonatoren.
Im Interview: Johann Hackl
Johann Hackl vom Technischen Support der KSG unterstützt Unternehmen von der ersten Minute der Produktidee bei einer effizienten und wirtschaftlichen Entwicklung serientauglich produzierbarer Leiterplatten. Der Experte weiß, worauf es bei Hochfrequenzanwendungen ankommt und geht im Folgenden auf fünf wichtige Aspekte rund um HF-Leiterplatten ein.
Welche Anforderungen muss eine HF-Leiterplatte grundsätzlich erfüllen?
Bei Hochfrequenzanwendungen ist eine reibungslose und präzise Signalübertragung das A und O. Jede Irritation auf der Leiterplatte führt zu einer Reflexion oder Änderung des hochfrequenten Signals, weshalb eine geradlinige Kontur der Leiterführung hier besonders wichtig ist. Zur Veranschaulichung nehme ich in diesem Zusammenhang gerne das Bild eines Felsens in der Brandung, den wir ja üblicherweise als positiv wahrnehmen. Doch für hochfrequente Anwendungen wollen wir in der Leiterbahn eben keinen solchen Felsen haben, an dem die Wellen brechen. Das heißt Irritationen, Einkerbungen oder Eindrücke müssen vermieden werden.
Da hochfrequente Signale gemäß dem Skin-Effekt an die Außenhaut gedrückt werden, sollten zudem alle vier Seiten eines Leiters so glatt wie möglich sein. Die kritische Seite ist dabei die Unterseite der Kupferfolie, die künstlich per Oxidation vorbehandelt wird. Hier gibt es unterschiedliche Rauigkeiten, die für Hochfrequenzanwendungen so gering wie möglich ausfallen sollten. Gleichzeitig muss aber auch der minimalen Haftfestigkeit genüge getan werden.
Welche Rolle spielt die Materialauswahl bei Hochfrequenzleiterplatten?
Die Auswahl des richtigen Materials ist ein wichtiger Erfolgsfaktor bei HF-Leiterplatten. Zu den wichtigsten Kenngrößen für die Materialauswahl zählen:
- die Dielektrizitätskonstante (Dk),
- der Verlustfaktor (Df),
- die Stabilität der HF-Kenngrößen über den relevanten Temperaturbereich,
- die Zuverlässigkeit nach Temperatur-Feuchte-Belastung,
- die Kupferhaftfestigkeit,
- die Dimensionsstabilität,
- die Wasseraufnahme,
- und die Kosten.
Gerade der letzte Punkt sollte nicht unterschätzt werden, denn die Kosten hochwertiger Hochfrequenzmaterialien sind enorm. Deshalb ist es empfehlenswert, sich frühzeitig an erfahrene Projektingenieure zu wenden, um das am besten geeignete und zugleich minimalst notwendige Material im Hinblick auf die Kosten zu finden.
Worauf muss bei der Bearbeitung der Materialien geachtet werden?
Die Bohr- und auch Fräsbearbeitung von PTFE-Materialien sind weitere Erfolgsfaktoren für HF-Leiterplatten. Dabei sollten die jeweiligen Bohr- bzw. Fräsparameter unbedingt in Abhängigkeit vom eingesetzten Material optimiert werden. Beim Bohren wären das unter anderem der Werkzeugtyp, die Schnittgeschwindigkeit, der Vorschub und der Rückhub. Oftmals kommen aus Kostengründen Mischaufbauten zum Einsatz, deren Eigenschaften auf jeden Fall berücksichtigt werden müssen, um die passenden Parameter und Werkzeuge zu finden. Schließlich wollen wir hier neben einem geringen Werkzeugverschleiß natürlich eine gute Schnittqualität erzielen, und zwar ohne Fransen und Verschmierungen.
Auf was kommt es bei der Leiterbildstrukturierung von HF-Layouts an?
Bei der Umsetzung von HF-Layouts in engen Toleranzgrenzen kann es durchaus nötig sein, dass einzelne Leiterelemente in den Filmvorlagen angepasst werden müssen. Besonders geachtet werden sollte dabei auf folgende Aspekte:
- Minimierung der Eckenverrundung einzelner
- Layoutelement
- Einhaltung der geforderten Flankensteilheit
- Vermeidung zu hoher Kantenrauigkeiten durch
- verbleibende Treatmentspitzen
Die Strukturtreue lässt sich mittels einer automatischen optischen Inspektion relevanter HF-Layer kontrollieren, bestenfalls beim ersten Produktionspanel. Hier werden die einzelnen Layoutelemente vermessen und kritische Elemente angezeigt, so dass das restliche Los mit den gleichen oder bei Bedarf mit angepassten Parametern geätzt werden kann.
Einen genaueren Einblick in den Ätzprozess und die Endkontrolle gibt Tilo Leistner in den kommenden Videos:
Noch mehr HF-Leiterplatten-Wissen
Einen umfassenden und intensiven Einblick in die Welt der Hochfrequenzleiterplatten haben Johann Hackl und Tilo Leistner im Rahmen des XPERTS-Webinars „Need for Speed“ im Oktober 2022 gegeben. Die Aufzeichnung des Webinars steht On-Demand zur Verfügung – registrieren Sie sich jetzt.